Die Inflationsangst geht um … prompt versuchen einzelne Mitglieder der US-Notenbank, den Aktienmarkt verbal zu stützen, indem sie die Gefahr kleinreden. Das funktionierte. Aber auch auf Dauer?
Unmittelbar vor der Abrechnung der Optionen und Futures an der Terminbörse sauste der Dow Jones erstmals über die runde Marke von 33.000 Punkten – und fiel sofort wieder zurück. Vom Verlaufsrekord am vergangenen Donnerstag bis gestern korrigierte der Index in der Spitze um 1.200 Punkte. Was nach viel klingt, prozentual gesehen auf diesem Kursniveau aber nicht viel ist. Und das ist den Bullen ebenso klar wie all denen, die jetzt absolut keine unruhige Börse gebrauchen können. In letzterer Gruppe steht die US-Notenbank in der ersten Reihe.
Die Sorge, dass das bei der „Fed“-Sitzung vergangene Woche für 2021 projizierte Wachstum von 6,5 Prozent die Inflation aus dem Ruder laufen und damit das Szenario der schnellen Rückkehr zu stabilem Wachstum platzen lassen könnte, ist in letzter Zeit groß. Würde die US-Notenbank genötigt, gegen zu schnell steigende Preise vorzugehen, würde das Wachstum womöglich abgewürgt. Täte sie nichts und die Inflation zieht immer weiter an, wäre es der daraus resultierende Kaufkraftverlust und eine Lohn/Preis-Spirale, die dem Wachstum den Garaus machen würde. Und offenbar sehen das derzeit nicht gerade wenige Akteure so.
Denn neben der zunehmenden Volatilität am Aktienmarkt insgesamt und weiterhin im Bereich von Zwölf-Monats-Hochs rangierenden Renditen bei längeren Anleihe-Laufzeiten legt jetzt auch noch der US-Dollar zu. Auch das ist ein Zeichen, dass man am Markt mit einer Verschärfung der Geldpolitik rechnet. Ein starker US-Dollar klingt aber nur gut, de facto bräuchten die USA aber eine schwache Währung, um sich das Wachstum auch über Exportvorteile, vor allem gegenüber der Eurozone, zu sichern. Da sahen diverse Mitglieder des FOMC, des Offenmarktausschusses, der das Entscheidungsgremium der US-Notenbank darstellt, offenbar Handlungsbedarf.
Fed-Chef Powell selbst, aber auch die FOMC-Mitglieder Williams, Daly, Barkin, Bostic und Evans gaben sich am Mittwoch und Donnerstag quasi die Mikrofone in die Hand und erklärten gebetsmühlenartig, dass das Wachstum stark, die Inflation aber kein Problem sein werde.

Das funktionierte am Donnerstag tadellos, das bullische Lager reagierte wie auf Knopfdruck und drehte den Dow Jones auf Höhe der ersten bullischen Verteidigungslinie in Form des alten Februar-Rekordhochs um 32.000 Punkte und der 20-Tage-Linie kräftig nach oben. Ist eine größere Korrektur damit vom Tisch? Wurde gestern mit diesem Aufwärts-Turnaround sogar der Grundstein für neue Rekordhochs gelegt?
Möglich ist es, zumal jetzt nicht mehr genug Handelstage im März übrig bleiben dürften, um den Ausbruch über die Hausse-Begrenzungslinie, die über die Jahreshochs 2018 und 2020 zu konstruieren ist (siehe der Chart auf Monatsbasis) noch abzufangen. Im Januar und Februar blieb der Index dort hängen, jetzt wäre er durch. Das könnte die Rallye sogar noch beschleunigen. Aber das Wort „könnte“ sollte man nicht zu klein schreiben.
Denn der Anleihemarkt reagierte nicht allzu überzeugt. Die Renditen der US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit waren zwar in den letzten Tagen etwas von den Zwölf-Monats-Hochs vom letzten Freitag zurückgekommen, aber eine Entwarnung sieht anders aus. Dort bleibt man skeptisch, daher ist zu vermuten, dass so manche große Adresse am Aktienmarkt ebenfalls eher auf der Verkaufsseite stünde. Vor allem, wenn man unverhofft wieder nahe an das bisherige Rekordhoch gespült wird und damit unerwartet gute Verkaufspreise bekäme. Denn eines wissen erfahrene Investoren natürlich: Die Notenbanker können erzählen, was sie wollen, aber sie können nun einmal nicht wirklich vorhersagen, wie sich die Inflation in den kommenden Monaten entwickeln wird.
Und es bleibt offen, was das bärische Lager, die aktiv die Kurse drückenden Akteure, tun werden. In den Tagen vor diesem fulminanten Turnaround, sogar noch am Donnerstag vor Handelsbeginn über die Futures, wurde erkennbar, dass der Dow Jones nicht nur reinen Gewinnmitnahmen ausgesetzt war. Da gab es durchaus erste, gezielte Short-Attacken. Doch wenn dann so etwas gelingt wie gestern, ein Aufwärts-Turnaround an einer Supportzone, gehen die Bären natürlich sofort in Deckung. Warum sollte man sich einer solchen Kaufwelle von mit neuem Mut erfüllten Käufern entgegenstellen? So lange der Kaufdruck hoch ist, hat es überhaupt keinen Sinn, den bremsen zu wollen. Erfahrene Short-Seller warten ab, bis die Käufe abebben, der Schwung nachlässt. Dann haben Short-Verkäufe eine größere Wirkung, der Kapitaleinsatz rentiert sich.
Fazit: Dieser gestrige Turnaround könnte die Basis für einen neuen Rallye-Impuls sein, muss es aber nicht. Daher wäre es in jedem Fall zu überlegen, sich auf der Long-Seite konsequent und eng abzusichern. Dass der Dow Jones gestern auf Höhe der Februar-Hochs und der 20-Tage-Linie drehte, ermöglicht es, Stoppkurse knapp unter diesen Level anzusiedeln. Denn sollte das US-Index-Flaggschiff in nächster Zeit doch noch klar unter 32.000 Punkten schließen, wäre der Versuch, die Gefahr kleinzureden, gescheitert und der Weg nach unten aus charttechnischer Sicht erst einmal frei.

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