Joseph Piotroski

Joseph Piotroski ist in jeder Hinsicht der Gegensatz zu dem, was sich die breite Öffentlichkeit unter einem Meisterinvestor à la Gordon Gekko vorstellt. Er ist ausschließlich Professor und darüber hinaus Autor von komplexen wissenschaftlichen Artikeln. Nichtsdestotrotz wirbelte er mit seinen Schriften in der Investmentwelt viel Staub auf. Die größte Genugtuung bringt ihm nicht das Verdienen des großen Geldes, sondern die Tatsache, dass Studenten seine Methoden anwenden.

Die F-Score Strategie für Aktien

Piotroski beendete 1989 sein Studium in Rechnungslegung an der University of Illinois. Daraufhin war er drei Jahre lang als Steuerberater bei Coopers & Lybrand tätig, wonach er bis 1994 ein MBA-Studium in Finanzwesen an der Indiana University absolvierte. Nach Beenden dieses Studiums ließ Piotroski sich in Michigan nieder, wo er an der örtlichen Universität unterrichtete. Dies resultierte 1999 in seinem Doktortitel und er beschloss, sich weiter umzuschauen. Die University of Chicago war sein nächster Halt, wo er die Künste der Rechnungslegung lehrte. 2007 beschloss er, seine Tätigkeit an der Stanford University fortzusetzen; der Ort, an dem er sich momentan noch immer befindet.

Akademische Laufbahnen können schlechter beginnen. Weniger als ein Jahr in Chicago und Piotroski schrieb schon einen bahnbrechenden Artikel. Der Artikel „Value Investing: The Use of Historical Financial Statement Information to Separate Winners from Losers“ wurde im Journal of Accounting Research im Jahre 2000 veröffentlicht. In diesem Artikel erörtert Piotroski eine erfolgreiche Investmentstrategie, die sich auf Aktien mit einem hohen Buchwert-zu-Marktwert-Verhältnis stützt. Das ist entgegengesetzt zur Strategie von Dreman, die genau das Kurs-Buchwert-Verhältnis verwendet. Dadurch, dass Dreman eine Auswahl aus den niedrigsten 20% der Aktien tätigte und Piotroski dahingegen aus den höchsten 20%, wird jedoch dasselbe Auswahlkriterium verwendet. Piotroski war bei Weitem nicht der Erste, der dieses Verhältnis als Auswahlkriterium verwendete. Eine Strategie, die sich ausschließlich hierauf stützt, funktioniert meist sehr gut. Worin Piotroski sich aber zu unterscheiden wusste, das lag tiefer. Durch seine Nachforschungen realisierte er, dass viele Unternehmen aufgrund von ernsthaften finanziellen Problemen einen hohen Buchwert-zu-Marktwert haben. Es ist also notwendig, die vielversprechenden Aktien mit einem hohen Buchwert-zu-Martkwert-Verhältnis von den Unternehmen mit finanziellen Problemen zu trennen, und das ist auch genau die Kernaussage seines Artikels.

Zuallererst sucht Piotroski nach Aktien mit den höchsten Buchwert-zu-Marktwert-Verhältnissen. Die entsprechende Auswahl unterzieht er dann einer Reihe an Bilanzkriterien (wenig überraschend angesichts seines Hintergrundes in Buchhaltung), sowie Ergiebigkeit, Leverage-Effekt und operativer Effizienz. Daraufhin schaut er anhand von bestimmten Indikatoren, ob bei der Aktie verglichen zum Vorjahr eine positive Entwicklung möglich ist.

Hier geht es um Indikatoren wie langfristiger Verschuldungsgrad (dieser muss fallen), current ratio (Umlaufvermögen/kurzfristige Verbindlichkeiten; dieses Verhältnis muss steigen) und die Bruttogewinnmarge (diese muss steigen). Auch der Asset-Turnover (Kapitalumschlag; dieser muss steigen, da die Verkäufe dann im Verhältnis von Vermögen zu Bilanz ansteigen) und die Anzahl der im Umlauf befindlichen Anteile (am besten nicht steigen, da eine Steigerung ein Hinweis darauf ist, dass ein Unternehmen nicht genug Cash aus operativen Aktivitäten generieren kann) werden als Indikatoren in seiner Studie verwendet.

Piotroski kam durch seine Studien auch zu einer anderen Schlussfolgerung. Kleinere Unternehmen mit einem hohen Buchwert-zu-Marktwert-Verhältnis haben eine relativ große Chance, besser abzuschneiden als größere Unternehmen. Die Erklärung hierfür ist einfach. Kleinere Unternehmen werden weniger von Analysten beobachtet, weswegen sich demnach unter diesen mehr Juwelen befinden müssten.

Darüber hinaus haben finanziell gesunde Unternehmen mit einem hohen Buchwert-zu-Marktwert-Verhältnis die höchste Chance auf die größten Börsenrenditen. Das Risiko-Ertrags-Verhältnis, bei dem eine hohe Rendite die Folge eines hohen Risikos ist, wird damit umgekehrt.

Die besten Auswahlkriterien laut Piotroski

  • Buchwert-zu-Marktwert-Verhältnis: Aktien aus den höchsten 20% werden ausgewählt.
  • Vermögensrendite: Diese muss für das vergangene Jahr positiv sein.
  • Veränderung der Vermögensrendite: Das vergangene Jahr muss besser sein als das vorhergehende Jahr.
  • Cashflow aus der operativen Geschäftstätigkeit: Muss im vergangenen Jahr positiv sein.
  • Cashflow aus der operativen Geschäftstätigkeit verglichen mit dem Nettogewinn: Der Cashflow aus der operativen Geschäftstätigkeit muss für das vergangene Jahr größer sein als der Nettogewinn. Ist dies nicht der Fall, dann kommen oft einmalige Faktoren zum Tragen, die den Nettogewinn positiv beeinflussen. Diese kommen höchstwahrscheinlich nicht zurück.
  • Veränderung des langfristigen Verschuldungsgrades: Muss für das vergangene Jahr niedriger sein als im Jahr davor. Dieser gibt an, dass das Unternehmen selbst Mittel für Investitionen generiert und nicht von fremdem Vermögen abhängig ist. Somit soll der zukünftige finanzielle Spielraum eingegrenzt werden.
  • Veränderung der Liquidität 3. Grades (current ratio): Eine zunehmende Liquidität ist ein gutes Zeichen. Die Liquidität 3. Grades des vergangenen Jahres muss daher größer sein als die des Jahres davor.
  • Veränderung der Anzahl der im Umlauf befindlichen Anteile: Eine Zunahme bedeutet, dass die jetzigen operativen Geschäftstätigkeiten ungenügend Cash generieren, um Investitionen finanzieren zu können. Das ist inakzeptabel!
  • Veränderung der Bruttogewinnmarge: Diese Marge muss im vergangenen Jahr höher sein als im vorhergehenden Jahr. Das bedeutet, dass Produkte profitabel werden.
  • Veränderung des Asset-Turnover: Dieses Turnover misst wieviel Umsatz ein Unternehmen im Vergleich zur vorhandenen Menge Vermögen generiert. Dieses Verhältnis muss im vergangenen Jahr höher sein als im vorausgehenden Jahr, als Zeichen eines effizienten Gebrauchs des Vermögens (oder besseren Marktumständen).

F-score Strategie

Die Strategie von Piotroski ist auch bekannt als F-score. Zuerst wählen Sie also Aktien aus, die ein sehr hohes Kurs-Buchwert-Verhältnis haben. Danach gehen Sie von Punkt zwei an die obenstehende Liste durch. Wenn eine Aktie die speziellen Forderung erfüllt, bekommt sie einen Punkt. Insgesamt kann man also 9 Punkte verdienen. Aktien, die 8 oder 9 Punkte scoren, sollten näher untersucht werden.

Performance von Piotroskis

Piotroski hat über eine Zeitspanne von 20 Jahren, von 1976 bis 1996, einen Rückvergleich gezogen und konnte hierdurch feststellen, dass man zur Performance der allgemeinen Börse jährlich noch mindestens 7,5% extra Rendite erzielen konnte. Beeindruckend. Auf der Webseite von aaii.com lesen wir außerdem, dass das Anwenden dieser Kriterien an der amerikanischen Börse in den vergangenen 10 Jahren ein Plus von 28,5% erzielte im Gegensatz zu 4% für den S&P 500. Ihr Interesse ist geweckt? Werfen Sie gerne einen Blick in unser Finanzportal. Das neue Portal bietet Ihnen zahlreiche Möglichkeiten der Analyse sowie wichtige Kennzahlen.