Viele von denen, die in den vergangenen zwölf Monaten erstmals mit der Börse in Kontakt kamen, werden dem Markt in ein, zwei Jahren entmutigt den Rücken zugekehrt haben. Denn das Bild, dass man mit Aktien spielend leicht ein Vermögen machen kann, ist irreführend und deswegen die Basis für massive Enttäuschungen. Dabei könnten viele, die an der Börse scheitern, erfolgreich sein, wenn sie erkennen würden, was man für nachhaltigen Erfolg wirklich braucht.
Je unseriöser manche Werbungen zum Thema Börse sind, die auf irgendwelchen Internetseiten auftauchen, desto mehr bleiben sie einem im Gedächtnis. Aktien, die angeblich in Kürze völlig einbrechen. TEST_TEST_TEST Andere, mit denen man, ebenso ruckzuck, steinreich wird. Und all das mit zwei, drei Fingertipps auf dem Smartphone: Diese „Verbraucherhinweise“ agieren ganz gezielt mit den Emotionen der Menschen, die am tiefsten gehen: Gier und Angst.
Und damit beginnen diejenigen, die sich auf diese Weise locken lassen, gleich auf einer fatalen Ebene, die das Risiko des Scheiterns immens erhöht. Denn es wird einem vorgegaukelt, dass a) die Meisten an der Börse Geld machen und b) dass man ernsthaft heute wissen könnte, was übermorgen sein wird. Beides ist unwahr.
Wenn man mit diesen falschen Prämissen startet, erkennt man das aber nicht sofort. Sicher, irgendwann merkt der auf dem Glatteis falscher Hoffnungen ausgerutschte Anleger, dass nichts so funktioniert, wie man es ihm weisgemacht hat. Aber zum einen müsste er dann die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Was oft nicht passiert, im Gegenteil höre ich solche Leute dann toben, dass „die Börse“ doch bloß Betrug sei, sprich man gibt dem Medium die Schuld und nicht sich selbst, dem Handelnden.
Und zum anderen müsste dann noch genug Geld übrig sein, um einen vernünftigen Neustart zu vollziehen. Was, wenn man den Sirenengesängen aufsitzt, oft nicht der Fall ist, weil man dann auch noch direkt in riskante Börsengeschäfte gelockt wurde.
Aber was muss man denn nun mitbringen, um nicht nur jahrelang irgendwie an der Börse zu überleben, sondern sukzessiv sein Geld zu mehren? Dazu erst einmal der Blick auf das, was man nicht erwarten kann: absolute Vorhersehbarkeit.
Kein Grund für Frust: Sie können nicht hellsehen, aber die anderen auch nicht!
Wie oft bekommt man, wenn man sich die Börsennachrichten anschaut, das Gefühl, dass alle anderen Geld an der Börse aktuell verdienen, nur man selbst nicht? Da ist dann von spektakulären Kursgewinnen in irgendwelchen Aktien die Rede oder von einem Kurssprung bei einem Index … und man ist nicht dabei. Dafür hat man bisweilen das Gefühl … das kenne ich von mir selbst ebenso wie von vielen meiner altgedienten Kollegen … dass man immer dort investiert ist, wo die Kurse plötzlich senkrecht einbrechen. Aber wenn eines kontraproduktiv ist, wenn man sich als Investor etablieren will, dann Selbstmitleid. Wer glaubt, vom Schicksal benachteiligt zu sein, unterhöhlt das eigene Selbstvertrauen ohne jede Not.
Denn erstens geht es anderen genauso. Nur reden die meisten Trader nie über ihre Misserfolge, sondern erzählen Ihnen von ihren großen Gewinntrades, bis sie es nicht mehr hören können. Und zweitens muss man immer daran denken, dass Misserfolge sich bei den meisten Menschen im Bewusstsein tiefer festsetzen als Erfolge.
Und es gibt nun einmal Situationen, in denen es einen „erwischt“. Situationen wie z.B. Unternehmensbilanzen, die vor Handelsbeginn oder nach Handelsende kommen und dazu führen, dass eine Aktie mit einer großen Kurslücke nach oben oder unten eröffnet. Ein Beispiel aus der vergangenen Woche ist Netflix.

Sicher, man wusste, dass die Zahlen am Dienstagabend kommen würden. Aber niemand, Sie nicht, andere auch nicht, konnten wissen, wie die ausfallen würden und darüber hinaus nicht, wie der Markt darauf reagieren würde. Im Januar quittierten die Akteure die Zahlen mit einem gewaltigen Kurssprung nach oben. Wer da letzte Woche vorher schon Short war, hätte gegen den Trend getradet und damit gegen die Grundregeln des Tradings verstoßen. Was übrigens auch gegolten hätte, wäre man bei der gegenteiligen, positiven Reaktion auf die Bilanz des vierten Quartals 2020 im Januar vorher Long gewesen, denn einige Zeit vor diesem damaligen Kurssprung nach oben war der Aufwärtstrend gebrochen.
Gerade deshalb fiel die Reaktion auch so extrem aus: Die, die vernünftig agiert hatten, wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Aber:
Börse aktuell: Das „Unerwartete“ ist nicht nur Ihr ständiger Begleiter, es begleitet uns alle!
Erstens ist das beileibe nicht die Regel. Zweitens muss man sich nicht grämen, wenn es einen erwischt, denn die großen Kurslücken zeigen ja: Man hätte nicht zu besseren Kursen im Januar kaufen oder im April aussteigen können – mit diesen Kurslücken stand man wie alle anderen auch mit einem Schlag vor vollendeten Tatsachen.
Und Bilanzen oder Vorab-Meldungen von Bilanzen, Prognoseanhebungen oder –senkungen kommen dauernd. Bei allen Unternehmen, weltweit. Dazu politische Meldungen aus dem Nichts. Konjunkturdaten, die unerwartet stark oder schwach ausfallen. Notenbank-Entscheidungen, die die Kurse schlagartig ziehen oder drücken.
Das Unerwartete ist somit an der Börse aktuell unser aller ständiger Begleiter. Mal hat man dabei Glück, mal Pech. Es kann nichts Gutes daraus entstehen, wenn man damit hadert, denn das ist ja ein elementarer Teil der Börse. Wenn Sie sich das bewusst machen wissen Sie, dass nicht nur immer etwas schiefgehen kann, sondern dass das auch tatsächlich regelmäßig passiert. Und das bedeutet: Man kann eben nicht immer gewinnen. Was zu einer ersten Erkenntnis führt:
Leute, die es nicht ertragen, eine Niederlage zu erleiden, sind für die Börse ungeeignet und werden eher über kurz als über lang keine Trader mehr sein. Zumal speziell diese Menschen dazu neigen, solche scheinbar „unfairen“ Niederlagen wettmachen zu wollen, indem sie Kapitaleinsatz und Risiko noch erhöhen, z.B., indem sie bei fallenden Kursen nicht konsequent aussteigen, sondern wie wild ins fallende Messer hinein immer mehr zukaufen, um ihr Ego durch eine vermeintliche Verbilligung des Einstandskurses zu besänftigen. Was indes, wenn die Kurse weiter fallen, nur dazu führt, dass die Verluste noch schneller anwachsen. Entweder, man lernt, dass Verlust-Trades zur Börse dazugehören … oder man scheidet zügig aus dem Rennen aus.
Zwei Schritte, vor, einer zurück: Richten Sie Ihre eigenen Ansprüche an der Realität aus
Und es ist ja nicht nur so, dass nicht jeder Trade im Gewinn enden kann. Realistisch betrachtet kann man froh sein, wenn ein bisschen mehr als die Hälfte am Ende ein Plus bringt. Und das ist, wenn man es sich realistisch überleget, auch a) kein Wunder und b) kein Problem. Selbst mit nur einem Drittel an Trades, die im Gewinn enden, können sie langfristig solide Gewinne erreichen. Wenn Sie es richtig anstellen. Was aber nur gelingt, wenn Sie mit realistischen Ansprüchen antreten. Die da wären?
Man muss eben akzeptieren, dass man immer wieder auch einen Schritt zurück manchen muss, weil man nie sicher vorher weiß, was passieren wird und deswegen Trades im Verlust enden können. Wer das hinnehmen kann, hat es deutlich leichter, die Grundregel einzuhalten, mit der man sein Geld am Ende eben auch mit 30 oder 40 Prozent Gewinntrades mehren kann: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. Auch, wenn Letzteres immer, auch für erfahrene Trader, ein wenig unangenehm ist. Aber wenn wir uns hier einfach mal den DAX anschauen:

Wie wollte man sich ernsthaft einbilden, da immer auf der richtigen Seite zu sein? Wer will wirklich behaupten, er/sie hätte vorher gewusst, wann ein Seitwärtstrend endet? Dass ein scheinbar klarer Ausbruch zu einer Bullen- oder Bärenfalle wird? Dass eine Korrektur am Punkt X endet und der Markt dreht? Die Börse ist nun einmal ein Minenfeld im Nebel. Blind voranzustürmen ist da ebenso wenig ratsam wie wütend mit dem Fuß aufzustampfen.
Setzen Sie sich daher unbedingt realistische Ziele und schalten das Rauschen der Medien, das zu oft eher ein Getöse ist, ab. Hören sie nicht hin, lesen Sie es nicht, wenn irgendwelche Stories Ihnen vorgaukeln, dass die Börse ein Kinderspiel ist und Hinz oder Kunz angeblich binnen ein paar Wochen zum Millionär geworden seien. Wobei: So etwas passiert wirklich. Aber nicht einmal einem Prozent der Anleger. Und meistens haben solche Leute dann einfach nur Glück gehabt, oft eigentlich völlig verkehrt agiert und dann durch ein unerwartetes Ereignis einen Riesengewinn eingefahren. Was übrigens auch impliziert, dass weder Hinz noch Kunz solche Millionen lange behalten, denn:
Wer Glück hat … und das dann auch noch, weil er gegen alle Börsenregeln verstoßen hat … hat eigentlich von Tuten und Blasen keine Ahnung. Solche Leute neigen dazu, zu glauben, sie seien genial, wiederholen ihre halsbrecherischen Spielchen und laufen im D-Zug-Tempo auf Grund. Denn das Glück ist einem Trader nun einmal nie lange hold. Wer in ein paar Jahren mehr auf dem Depot haben will als heute (ohne einfach mehr einzuzahlen, versteht sich), muss sich auf andere Dinge stützen. Auf das, was wir alle in uns haben, es aber meist erst einmal aktivieren müssen:
Die „Glorreichen Drei“: Disziplin, Geduld und Beharrlichkeit.
Disziplin, Geduld und Beharrlichkeit. Das klingt ziemlich „uncool“, denn wo bleibt denn da die Spannung, das Abenteuer, der „thrill“? Tja, die bleiben vor der Tür, denn wenn Sie nicht zocken, sondern traden wollen, haben Spiel, Spaß und Spannung dort nur insofern etwas zu suchen, als es Spaß macht, wenn man sich im Spiegel sagen kann: Ich habe auch in diesem Monat Geld verdient … und das habe ich nur einem zu verdanken – mir selbst.
Der erste Schritt bei alldem ist natürlich, zu verstehen, dass die elementaren Grundregeln des Investierens nichts sind, das man ignorieren kann, weil man eh schlauer ist als alle anderen (wer davon überzeugt ist, befindet sich schon auf halbem Weg in die Pleite), sondern die Quintessenz aus den Erfahrungen von mittlerweile mehreren Jahrhunderten des Börsenhandels.
Folge dem Trend. Trade nur mit Geld, das nicht in absehbarer Zeit benötigt wird. Handle niemals mit bei Banken geliehenem Geld. Sichere jede Position konsequent ab. Und: habe Geduld!
Ich habe das schon dermaßen oft erlebt, dass ich es glatt als normal ansehen möchte: Sobald jemand Geld frei hat oder frei bekommt, will er/sie sofort, ohne Zeitverzug, loslegen. Was der Börse, mit Verlaub, völlig gleichgültig ist. Der Markt mit seinen Millionen von Akteuren wird sich nicht nach jemandem richten, der jetzt 10.000 Euro in die Hand nimmt und erwartet, dass die sich sofort vermehren, weil die Gelegenheit des Jahres pünktlich dann auftaucht, wenn das Geld auf dem Depotkonto eingebucht wird. Und das ist nur ein Beispiel für fehlende Geduld.
Ausgestoppt werden, sehen, dass man unglücklich herausgeflogen ist und hektisch gleich zurückkaufen, statt sich die Sache erstmal mit Abstand anzuschauen, weil man dem Trieb folgt, verlorenes Geld sofort wieder zurückholen zu wollen: fatal.
Sich jammernd zurückziehen und auf die böse Börse schimpfen, wenn man dreimal nacheinander mit Verlust ausgestoppt wurde, statt beharrlich dem eigenen System und den Grundregeln der Börse zu folgen: fatal. Noch fataler: Dann auf die Idee zu kommen, einfach das Gegenteil dessen zu tun, was eigentlich richtig wäre, weil man denkt, dass der Markt halt „spinnt“ und Short logischerweise richtig sein müsse, wenn Long es nicht ist. Oder auf Stoppkurse zu verzichten weil die doch eh nie funktionieren.
Der vierte Trade wäre vielleicht auch noch im Minus geendet. Oder sogar der fünfte. Gerade Seitwärtsphasen können Nerven kosten. Aber irgendwann wäre man dann eben beim Ausbruch dabei gewesen. Und hätte verdient, was zuvor verloren ging … wenn man beharrlich und diszipliniert gewesen wäre.
Vermeiden Sie, dass die Börse für Sie zur Fallgrube wird!
Das alles klingt a) logisch und b) könnte man denken, das sei doch so schwer nicht zu bewerkstelligen. Ja, das denkt man, bis man im Getümmel steht, die Kurse nach oben und unten sausen und einen die eigenen Emotionen einfangen.
Nein, diese „Glorreichen Drei“ namens Disziplin, Beharrlichkeit und Geduld sind für viele Anleger an der Börse aktuell keine Selbstverständlichkeit. Auch für mich nicht, nach mittlerweile 32 Jahren als Anleger. Aber was mir hilft ist, mich meiner Fehlbarkeit immer wieder zu erinnern und mir dann vorzubeten, worauf es ankommt. Da kann es durchaus sinnvoll sein, sich am Schreibtisch einen Zettel aufzuhängen, auf dem die ehernen Grundregeln notiert sind.
Auf Dauer als Investor erfolgreich zu sein, ist nun einmal ein etwas steiniger Weg. Aber es ist ein Weg. Für diejenigen, die glauben, dass derartige Regeln für sie nicht gelten, ist es eine Fallgrube.
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!
Ihr
Ronald Gehrt
* Charts vom 22.04.2021, Chartquelle marketmarker pp4
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